Religionsunterricht an der Grundschule - ein persönliches Plädoyer zum Freitag
Ich wohne und unterrichte ja in Bayern. Das Klischee, dass hier einiges ein bisschen konservativer abläuft als in anderen Bundesländern, stimmt zu einem guten Teil schon. Wie das Thema Religionsunterricht in anderen Bundesländern geregelt ist, weiß ich nicht im Detail, ich hoffe aber, dass es da ein bisschen anders ist...
Hier in Bayern ist die Situation folgende:
- In der dritten und vierten Schulklasse haben die Kinder drei Stunden Religionsunterricht pro Woche, in der ersten und zweiten Klasse sind es immerhin zwei Stunden. Zum Vergleich: In der dritten und vierten Klasse haben die Kinder eine(!) Stunde Kunst pro Woche, also: Thema klären - Farbkasten auspacken - 15 Minuten malen - Farbkasten wieder einpacken. HSU (Heimat- und Sachunterricht), kommt ebenfalls auf 3 Stunden pro Woche, ist also von der Stundenanzahl gleich gewichtet wie der Religionsunterricht!
- Ein Lehrer, der Religion unterrichten will, braucht dazu die Genehmigung der Kirche. Unter anderem muss er sich dazu von einem Pfarrer/Pastor bestätigen lassen, dass er ein christliches Leben führt.
- Häufig unterrichten in der Grundschule gar keine Lehrer, sondern der ortsansässige Pfarrer/Pastor. Soweit ich weiß, braucht er dafür nicht einmal eine gesonderte pädagogische Ausbildung.
- Theoretisch können Eltern natürlich entscheiden, ob sie ihr Kind lieber in den Religions- oder Ethikunterricht schicken wollen. Praktisch gibt es aber an sehr vielen Grundschulen keinen Ethikunterricht. Dann werden die Kinder, die nicht an Religion teilnehmen "dürfen", in irgendeine andere Klasse gesetzt, wo sie sich still beschäftigen müssen.
- Kruzifixe sind immer noch gang und gäbe in allen Klassenzimmern.
Ich selbst bin, wie ich hier und da schon mal erwähnt habe, keine Christin, sondern naturreligiös. Ich reagiere daher sehr sensibel auf den kirchlich-christlichen Einfluss, der hier auf Kinder einwirkt. Die religiöse Erziehung in des Töchterchens Kindergarten stört mich ziemlich (und nein, wir haben keine Alternative), und ich sehe jetzt, in welchem Maß sich das in der Schule fortsetzt.
Versteht mich nicht falsch: Die Gedanken, die hinter den religiösen Themen stehen, empfinde ich als sehr gut und sinnvoll. Kinder sollten sich unbedingt mit Themen wie Verzeihen, die Schönheit der Schöpfung, Umgang mit Schuldgefühlen etc. beschäftigen können. Aber das geht doch auch in Ethik?
Dass Kinder etwas über den christlichen Glauben und biblische Geschichten erfahren, ist ebenfalls gut und wichtig. Immerhin hat das Christentum unsere Kultur sehr stark geprägt und tut es immer noch. Es ist ein Unding, dass viele Kinder (und auch Erwachsene, aber das ist ein anderes Thema) gar nicht wissen, was eigentlich an Weihnachten und Ostern gefeiert wird. Aber das Unterrichten sollte doch mit Abstand geschehen und nicht ausschließlich von Pfarrern oder kirchlich autorisierten Lehrern weitergegeben werden. Würde Sozialkunde nur von Parteipolitikern unterrichtet, die alle Themen aus der Sicht ihrer eigenen Partei behandeln, würden sich die Eltern (hoffentlich und zu Recht) darüber aufregen. Warum ist es dann bei der Religion völlig normal, dass "von innen her" unterrichtet wird?
Der Glaube an etwas Göttliches, an eine Macht, die über und hinter uns steht, ist sehr hilfreich und ich denke auch notwendig für ein glückliches und erfülltes Leben. Aber die Kirchen und der Religionsunterricht liefern nur sehr wenige Möglichkeiten, tatsächlich zu einem ganz persönlichen Glauben zu finden, der in Kopf und Herz hin- und herbewegt, immer wieder hinterfragt und für gut befunden wurde. Genau dazu versuchen der Liebste und ich das Töchterchen zu erziehen, und wir empfinden es als absolut kontraproduktiv, dass wir immer wieder das Gefühl bekommen, gegen die "christliche Keule" anarbeiten zu müssen, die sie im Kindergarten mitbekommt.
Für ein Land wie Deutschland, in dem die Trennung von Staat und Kirche im Grundgesetz festgeschrieben ist, kann es für mich nur eine einzige logische Schlussfolgerung geben: Religionsunterricht hat an staatlichen Schulen nichts verloren und sollte komplett durch Ethik ersetzt werden.
Dass das für die nächsten Jahrzehnte Utopie bleiben wird, ist mir allerdings auch klar.
Hier in Bayern ist die Situation folgende:
- In der dritten und vierten Schulklasse haben die Kinder drei Stunden Religionsunterricht pro Woche, in der ersten und zweiten Klasse sind es immerhin zwei Stunden. Zum Vergleich: In der dritten und vierten Klasse haben die Kinder eine(!) Stunde Kunst pro Woche, also: Thema klären - Farbkasten auspacken - 15 Minuten malen - Farbkasten wieder einpacken. HSU (Heimat- und Sachunterricht), kommt ebenfalls auf 3 Stunden pro Woche, ist also von der Stundenanzahl gleich gewichtet wie der Religionsunterricht!
- Ein Lehrer, der Religion unterrichten will, braucht dazu die Genehmigung der Kirche. Unter anderem muss er sich dazu von einem Pfarrer/Pastor bestätigen lassen, dass er ein christliches Leben führt.
- Häufig unterrichten in der Grundschule gar keine Lehrer, sondern der ortsansässige Pfarrer/Pastor. Soweit ich weiß, braucht er dafür nicht einmal eine gesonderte pädagogische Ausbildung.
- Theoretisch können Eltern natürlich entscheiden, ob sie ihr Kind lieber in den Religions- oder Ethikunterricht schicken wollen. Praktisch gibt es aber an sehr vielen Grundschulen keinen Ethikunterricht. Dann werden die Kinder, die nicht an Religion teilnehmen "dürfen", in irgendeine andere Klasse gesetzt, wo sie sich still beschäftigen müssen.
- Kruzifixe sind immer noch gang und gäbe in allen Klassenzimmern.
Ich selbst bin, wie ich hier und da schon mal erwähnt habe, keine Christin, sondern naturreligiös. Ich reagiere daher sehr sensibel auf den kirchlich-christlichen Einfluss, der hier auf Kinder einwirkt. Die religiöse Erziehung in des Töchterchens Kindergarten stört mich ziemlich (und nein, wir haben keine Alternative), und ich sehe jetzt, in welchem Maß sich das in der Schule fortsetzt.
Versteht mich nicht falsch: Die Gedanken, die hinter den religiösen Themen stehen, empfinde ich als sehr gut und sinnvoll. Kinder sollten sich unbedingt mit Themen wie Verzeihen, die Schönheit der Schöpfung, Umgang mit Schuldgefühlen etc. beschäftigen können. Aber das geht doch auch in Ethik?
Dass Kinder etwas über den christlichen Glauben und biblische Geschichten erfahren, ist ebenfalls gut und wichtig. Immerhin hat das Christentum unsere Kultur sehr stark geprägt und tut es immer noch. Es ist ein Unding, dass viele Kinder (und auch Erwachsene, aber das ist ein anderes Thema) gar nicht wissen, was eigentlich an Weihnachten und Ostern gefeiert wird. Aber das Unterrichten sollte doch mit Abstand geschehen und nicht ausschließlich von Pfarrern oder kirchlich autorisierten Lehrern weitergegeben werden. Würde Sozialkunde nur von Parteipolitikern unterrichtet, die alle Themen aus der Sicht ihrer eigenen Partei behandeln, würden sich die Eltern (hoffentlich und zu Recht) darüber aufregen. Warum ist es dann bei der Religion völlig normal, dass "von innen her" unterrichtet wird?
Der Glaube an etwas Göttliches, an eine Macht, die über und hinter uns steht, ist sehr hilfreich und ich denke auch notwendig für ein glückliches und erfülltes Leben. Aber die Kirchen und der Religionsunterricht liefern nur sehr wenige Möglichkeiten, tatsächlich zu einem ganz persönlichen Glauben zu finden, der in Kopf und Herz hin- und herbewegt, immer wieder hinterfragt und für gut befunden wurde. Genau dazu versuchen der Liebste und ich das Töchterchen zu erziehen, und wir empfinden es als absolut kontraproduktiv, dass wir immer wieder das Gefühl bekommen, gegen die "christliche Keule" anarbeiten zu müssen, die sie im Kindergarten mitbekommt.
Für ein Land wie Deutschland, in dem die Trennung von Staat und Kirche im Grundgesetz festgeschrieben ist, kann es für mich nur eine einzige logische Schlussfolgerung geben: Religionsunterricht hat an staatlichen Schulen nichts verloren und sollte komplett durch Ethik ersetzt werden.
Dass das für die nächsten Jahrzehnte Utopie bleiben wird, ist mir allerdings auch klar.
Stjama - 23. Okt, 19:26
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