Schule
sprach die Seminarleiterin in der ersten Woche. "Wir können erst nach und nach die wichtigen Themen besprechen und bis dahin müssen Sie einfach durchhalten und damit zurechtkommen, dass Ihr Unterricht wirklich schlecht ist."
"Ach", dachte Stjama, "so schlimm kann's nicht sein, das kriege ich schon hin." Jajaja. Jetzt nach drei Wochen stelle ich fest: Sie hatte so was von recht. Es ist unglaublich, woran man als Lehrer alles denken muss, was man alles beachten und berücksichtigen muss...
Heute im Seminar ist jedenfalls ein Groschen nach dem anderen gefallen und ich habe sehr viel verstanden. Theoretisch könnte mein Unterricht jetzt schlagartig besser werden. Praktisch weiß ich noch nicht so recht, woher ich die Zeit nehmen soll, all die umfangreichen Vorüberlegungen zu machen. Darüberhinaus sind wir im Seminar heute so sehr mit Arbeit eingedeckt worden, dass es auf Wochen hinaus reichen würde, ohne noch nebenher Unterricht zu halten *stöhn*.
Das Müttermantra ("Es ist nur eine Phase...") ist ja hinlänglich bekannt. Ich glaube, das Mantra für Lehramtsanwärter muss heißen: "Es kann nur besser werden, es kann nur besser werden, es kann nur besser werden..."
Das Töchterlein ist das erste Mal für diese Saison erkältet, hurra. Erst sah es so aus, als würde der Kelch an uns vorübergehen, heute Nacht hatte sie dann aber solchen Husten, dass an Schlafen und an Kindergarten heute nicht zu denken war. Mein eigener Kopf ist voll, ich habe Schnupfen und Husten und gestern entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten schon zwei Mal eine Schmerztablette genommen.
Die halb durchwachte Nacht mit dem hustenden Kind neben mir im Bett und die eigene Erkältung bringt mich gerade schon wieder an den Rand meiner Kräfte.
Den Vormittag in der Schule habe ich erstaunlich gut überstanden. Der Unterricht lief ganz gut, ich habe auch in den Praktikumsstunden einiges Interessantes machen können, eine halbe Tonne Arbeitsmaterial für das kommende Thema "Wald" (hurra! :D ) eingesammelt und den Lautstärkepegel in der Klasse in einem halbwegs erträglichen Maß gehalten. Der Liebste hat Homeoffice gemacht und das Töchterchen beaufsichtigt.
Eigentlich hätte ich mich dann mittags mal eine Stunde hinlegen müssen. Aber das Töchterchen beschränkte den dringend nötigen Mittagsschlaf (wegen Krankheit, normalerweise schläft sie mittags nicht mehr) hustenbedingt auf 10 Minuten und hat außerdem keine Lust mehr, alleine zu spielen. Das hat sie nämlich mit Begeisterung und Ausdauer den ganzen Vormittag gemacht. Jetzt reichts. Verstehe ich ja.
Aber auf mich wartet ein Klassenbuch, das geführt werden will, ich muss Praktikumsnachweise erstellen, das Waldmaterial sortieren und aufbereiten, die Stunden für die nächsten Tage vorbereiten (schriftlich natürlich), den Berg an Papier, den ich in den letzten beiden Wochen bekommen habe, so sortieren, dass ich auch etwas wiederfinde, für vier Fächer Stoffverteilungspläne erstellen, eine perfekte Babysitterin für zukünftige Krankheiten und andere Fälle aus dem Hut zaubern, mit der Krankenversicherung telefonieren und diesen Chaosberg um mich herum wieder in eine Wohnung verwandeln. Und in eineinhalb Stunden muss ich los zum Elternabend, der Liebste und ich werden uns nur schnell die Klinke in die Hand geben.
Das wird also wieder eine Nachtschicht heute. Wie schon fast jeden Tag in den letzten eineinhalb Wochen. Und trotzdem wird wieder ein Berg an Arbeit übrigbleiben, von dem ich nicht weiß, wie ich ihn abtragen soll. *seufz*
So. Erledigt. Ich bin als Beamtin vereidigt und damit jetzt offiziell Lehramtsanwärterin.
Ich bin natürlich gleich wieder aufgefallen, weil ich die einzige war, die den Zusatz "so wahr mir Gott helfe" weglassen wollte. (Wir wurden allerdings gefragt, ich hab mir da nicht selber eine Extrawurst gebraten.) Naja, ich bin's ja gewöhnt, dass ich oft etwas anders bin als die anderen ;)
Die Atmosphäre im Schulamt war sehr angenehm, und auch die Seminarrektorin, die ich bisher nur vom Email-Kontakt her kannte, ist mir sehr sympathisch.
Vom Schulamt ging es dann direkt zur Schule in die Lehrerkonferenz. Auch da bin ich sehr freundlich (ich brauchte jetzt vier Anläufe, um das Wort richtig zu tippen, was wohl Herr Freud dazu sagen würde?) und offen empfangen worden. Ich kannte ja auch schon fast alle vom Kennenlernen vor den Ferien.
Was die Konferenz selber anging: Ich bin positiv überrascht vom angenehmen Umgang innerhalb des Kollegiums und von der fortschrittlichen pädagogischen Arbeit dort (trotz des doch sehr alten Kollegiums). Negativ überrascht bin ich von der vielen Arbeit, die anscheinend noch zusätzlich auf mich zukommt. Ich fand, das Unterrichten und Hospitieren und Vor- und Nachbereiten und die Arbeit fürs Seminar wäre schon genug Arbeit... *stöhn*. Aber ich werd das schon alles hinkriegen. (Chakka!)
Heute Nachmittag ist das Töchterchen noch bei Oma und Opa. Die Zeit werde ich jetzt mit dem Abheften von einer gefühlten Million wichtiger Unterlagen verbringen, ferner mit dem Gestalten von Garderobenschildchen für 17 (18?) Kinder und dem Üben der
Vereinfachten Ausgangsschrift, damit ich mich morgen nicht gleich blamiere, wenn ich meinen Namen an die Tafel schreibe.
Puha, ich bin ganz schön fertig gerade.
In 12 Stunden werde ich im örtlichen Schulamt als "Beamtin auf Widerruf" vereidigt. Danach geht es direkt in die Schule zur Lehrerkonferenz und ab Dienstag geht es dann schon richtig los. Am Mittwoch halte ich meine ersten beiden Stunden.
Ich freu mich :) Momentan ist von Angst nichts zu spüren. Ich bin sicher, dass wir das alles hinkriegen, auch wenn es sicher teilweise sehr stressig werden wird. Aber wir haben auch schon andere stressige Zeiten geschafft.
Jetzt ist es erst mal gut, dass es weitergeht bei mir :)
dann ist mein Hausfrauendasein beendet und ich steige in die letzte Phase meiner Ausbildung ein: das Referendariat.
Ich habe großes Glück: Die Seminarschule, in die ich zwei Mal pro Woche muss, ist hier im Dorf, und meine Einsatzschule im Nachbardorf. Es sollte sich also alles ganz gut organisieren lassen mit der Betreuung des Töchterchens, weil nicht zu viel Fahrzeit draufgeht. Und ich werde auch noch eine Weile mit dem Fahrrad zurechtkommen. Das ist sehr gut, weil wir uns ein zweites Auto im Moment nicht wirklich leisten können.
Ich freue mich darauf, dass es jetzt weitergeht. Ich weiß, dass mir die Arbeit mit den Grundschulkindern viel Spaß machen wird und ich freue mich auch auf die Herausforderungen. Ich lerne gerne Neues dazu.
Andererseits - und diese Empfindungen überwiegen ehrlich gesagt im Moment - bin ich auch wehmütig und ängstlich. Das Töchterchen wird jetzt vier und ich bin schon fast seit Beginn der Schwangerschaft Hausfrau (weil mein Studiumsende mit dem Beginn der Schwangerschaft fast genau zusammenfiel und ich als Schwangere keinen passenden Gelegenheitsjob bis zur Geburt fand). Das sind jetzt also über 4 1/2 Jahre, in denen ich ganz nach meinem eigenen Rhythmus und (meistens eher) dem des Töchterchens leben konnte. In denen ich mir meine Zeit und meine Arbeit mehr oder weniger frei einteilen konnte. In denen ich für das Töchterchen voll da sein konnte, wenn es krank war und problemlos sagen konnte: "Ich lasse sie lieber noch ein, zwei Tage länger zu Hause, damit sie sich ganz erholen kann."
Das wird jetzt erst mal zu Ende sein. Wie wir es lösen werden, wenn das Töchterchen wieder, wie im letzten Winter, dauernd krank sein sollte, wissen wir noch nicht. Das wird sehr schwierig werden. Morgens noch ein bisschen rumtrödeln wird dann der Vergangenheit angehören, genauso wie den ganzen Nachmittag im Freizeitpark hier um die Ecke verbringen oder einfach mal einen Tag kindergartenfrei machen.
Ich muss zugeben, ich habe große Angst vor der Veränderung. Seit das Töchterchen im Kindergarten ist, habe ich doch verhältnismäßig viel freie Zeit und - so krank das für kinderlose Leute klingen mag - genieße es, in Ruhe und ungestört die Arbeit hier in der Wohnung machen zu können. Von der freien Zeit und auch der freien Zeiteinteilung kann ich mich jetzt wohl erst mal verabschieden, von genügend Schlaf wahrscheinlich auch.
Wenn ich andere Lehramtsanwärterinnen so reden höre, geht mir wirklich der A... auf Grundeis. Ich werde von allen Seiten gewarnt, wie viel Arbeit das ist, wie viel von der Willkür des Seminarleiters abhängt, wie viel zusätzliche Verantwortung den LAAs aufgebürdet wird und wie stressig das alles ist. Und das sind Frauen ohne Kinder!
Ja, ich weiß, dass ich darauf nicht allzu viel geben sollte. Ich bin als Mutter ganz andere Belastungen gewohnt und wahrscheinlich viel gelassener im Umgang mit Kindern. Ich weiß auch, dass ich schon im Studium häufig viel leichter durchkam als andere. Während Kommilitoninnen über die viele Arbeit jammerten, weil sie in den Semesterferien zwei Seminararbeiten schreiben mussten, schrieb ich in der gleichen Zeit fünf und bereitete mich außerdem auf den ersten Teil des Staatsexamens vor. Wenn das weiterhin so ist, dass mir manches einfach leichter fällt, brauche ich mir vielleicht gar nicht so viele Gedanken zu machen. Ich versuche, es positiv zu sehen, aber die Angst holt mich doch regelmäßig ein.
Hey, ich bin echt zufrieden mit meinem Leben so, wie es jetzt ist. Wieder das Arbeiten anzufangen ist jetzt gerade auch richtig, aber eigentlich würde ich jetzt gerne mit einem gemütlichen Halbtagsjob anfangen und nicht mit einem Vollzeitjob, von dem ich noch wenig Ahnung habe und bei dem ich mich außerdem noch einer Menge Prüfungen aussetzen muss.
Wie gesagt, andererseits freue ich mich ja auch darauf. Es ist bloß nicht immer leicht, mir das wirklich in den Vordergrund zu holen...
Ich beginne im September mein Referendariat. In Bayern. Und schon jetzt stecke ich voll drin im Beamten-Papierwust.
Im April musste ich schon Berge von Unterlagen ausfüllen und an das Kultusministerium von Bayern schicken. Eine Mords-Arbeit mit gefühlten 36 beglaubigten Kopien, außerdem Führungszeugnis, Untersuchung beim Amtsarzt und natürlich ca. 80 Formularen mit Anlagen und einem Packen Erläuterungen. Mit dem Papierstapel hätte ich wahrscheinlich jemanden erschlagen können.
Gestern flatterte mir ein dicker Brief von dem Regierungsbezirk ins Haus, dem ich zugeteilt bin. Statt der erwarteten (und ersehnten) Mitteilung, an welche Schule ich komme (und damit auch eine Aussicht darauf, wie einfach alles zu organisieren sein wird oder ob wir im schlimmsten Fall schnell noch mal umziehen müssten), enthielt er einen weiteren Packen Papier zum Ausfüllen. Weil ja jetzt nicht mehr das Land Bayern, sondern ein bestimmter Regierungsbezirk zuständig ist.
Dass ich jetzt noch mal jede Menge Papierkram ausfüllen muss, von dem ich keine Ahnung habe, ist ja schon nervig genug. Dass eine Menge Zeug dabei ist, das ich schon längst angegeben habe, macht mich schon ziemlich wütend. Richtig zum Kotzen ist aber etwas anderes: Ich muss eine Anlage ausfüllen, die nicht beiliegt, sondern aus dem Internet heruntergeladen werden muss. Ein Link ist freundlicherweise auch angegeben, der in ein riesiges "Formularcenter" führt. Und dort wird die Abkürzung, die in meinem Formular angegeben ist, nicht verwendet. Aus dem Zusammenhang erschließen lässt es sich auch nicht so ohne Weiteres, so dass ich jetzt morgen anrufen muss, um zu erfragen, wie denn das Formular, das ich ausfüllen muss, heißen könnte.
Es wird übrigs fettgedruckt darauf hingewiesen, dass sich die weitere Bearbeitung verzögert, wenn ich nicht umgehend alles zurückschicke. In acht Wochen (!) beginnt das Schuljahr, wollte ich nur mal so erwähnt haben...